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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 13.02.2006
Aktenzeichen: 2 M 209/05
Rechtsgebiete: BauO LSA
Vorschriften:
BauO LSA § 64 II | |
BauO LSA § 84 III |
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS
Aktenz.: 2 M 209/05
Datum: 13.02.2006
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen baurechtlich nicht genehmigten Betrieb zur Brenn- und Kaminholzproduktion auf dem Nachbargrundstück der Beigeladenen. Mit seinem am 13. Januar 2005 beim Verwaltungsgericht Halle eingegangenen Rechtsschutzgesuch hat er beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Betrieb zu untersagen (Hauptantrag), hilfsweise geeignete Anordnungen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände zu treffen. Das Verwaltungsgericht hat dem (vom Antragsteller als solchen bezeichneten) Hilfsantrag im Wesentlichen stattgegeben und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Mit seiner hiergegen erhobenen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Hauptbegehren weiter.
II.
Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686), in der Fassung des Gesetzes vom 22.03.2005 (BGBl I 837) - VwGO -, sowie auf § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO <Kosten> und auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG -, <Streitwert>.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Der angefochtene Beschluss ist nicht deshalb abzuändern, weil das Verwaltungsgericht den Antragsgegner darin nicht (entsprechend dem Hauptantrag des Antragstellers) zum Erlass einer Nutzungsuntersagung, sondern lediglich (entsprechend seinem Hilfsantrag) zum Erlass geeigneter Anordnungen zur Lärmminderung verpflichtet hat. Der Antragsteller macht hiergegen ohne Erfolg geltend, der Beschluss sei rechtswidrig und nicht vollstreckbar, weil der streitgegenständliche Betrieb überhaupt nicht genehmigungsfähig sei und daher auch nicht durch Nebenbestimmungen oder sonstige "geeignete" Anordnungen legalisiert werden könne, die zudem nicht hinreichend bestimmt und daher nicht vollstreckbar seien. Mit diesem Einwand kann der Antragsteller bereits deshalb nicht gehört werden, weil ihm insoweit das erforderliche Rechtsschutzinteresse für seine Beschwerde fehlt; denn soweit das Verwaltungsgericht den Antragsgegner zum Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen verpflichtet hat, hat der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren obsiegt. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob der vom Antragsteller als solcher bezeichnete "Hilfsantrag" entsprechend der Ansicht des Verwaltungsgerichts als "Minus" gegenüber dem Hauptantrag oder tatsächlich als Hilfsantrag im Rechtssinne aufzufassen ist; denn jedenfalls entspricht die Entscheidung im Wesentlichen dem vom Antragsteller in seinen erstinstanzlichen Anträgen "hilfsweise" zum Ausdruck gebrachten Begehren.
Eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses ist auch nicht geboten, soweit das Verwaltungsgericht den auf eine Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer Nutzungsuntersagung gerichteten (Haupt-)Antrag des Antragstellers abgelehnt hat. Zur Begründung dieser Ablehnung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer Nutzungsuntersagung stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar, die auch nicht ausnahmsweise geboten sei; denn der Antragsteller habe zwar einen Anspruch auf baubehördliches Einschreiten gegen den ungenehmigten und mit für ihn unzumutbaren Lärmbelästigungen verbundenen Betrieb der Beigeladenen zu 1); dieser Anspruch beinhalte aber voraussichtlich nicht eine (vollständige) Nutzungsuntersagung, sondern lediglich immissionsmindernde Maßnahmen. Hiergegen wendet der Antragsteller ohne Erfolg ein, er könne sehr wohl die vollständige Untersagung des nachbarlichen Betriebes verlangen, weil dieser Betrieb bei der hier gebotenen typisierenden Betrachtungsweise in jedem Fall planungsrechtlich unzulässig sei, d.h. auch nicht unter Auflagen oder sonstigen Nebenbestimmungen genehmigt werden dürfe, ein Einschreiten gegen eine solche unzulässige Nutzung aber ausschließlich im Wege einer Nutzungsuntersagung erfolgen könne. Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Hierbei kann dahinstehen, ob - wie der Antragsteller geltend macht - der streitgegenständliche Betrieb auch dann nicht genehmigungsfähig ist, wenn die Genehmigung unter Auflagen oder sonstigen Nebenbestimmungen erteilt wird; denn in dem vorliegenden nachbarrechtlichen Verfahren geht es nicht um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit oder (eingeschränkte) Genehmigungsfähigkeit des Betriebes, sondern allein darum, ob und gegebenenfalls in welcher konkreten Gestalt dem Antragsteller ein Anspruch auf baubehördliches Einschreiten zusteht.
Ein solcher Anspruch ist aber in der Regel auch dann, wenn ein emittierender Betrieb in keiner Weise genehmigungsfähig ist, nicht etwa gerade und ausschließlich auf eine vollständige Nutzungsuntersagung gerichtet. Eine derartige Verdichtung des Anspruchsinhalts ist vielmehr nur im Falle einer doppelten Ermessensreduzierung gegeben: Einmal hinsichtlich des Entschließungsermessens, d.h. in Bezug auf die Frage, ob überhaupt bauaufsichtlich eingeschritten werden muss; zum anderen hinsichtlich des Auswahlermessens, d.h. in Bezug auf die konkrete Maßnahme, die die Behörde im Rahmen des Einschreitens erlässt. Gerade die zuletzt genannte Ermessensreduzierung wird aber häufig zu verneinen sein, weil sie - wie jede Ermessensreduzierung - voraussetzt, dass jede andere Maßnahme als die von dem Anspruchsteller erstrebte ermessensfehlerhaft oder aus sonstigen Gründen rechtswidrig wäre. So liegt es hier aber gerade nicht: Ein Einschreiten gegenüber dem ungenehmigten Holzverarbeitungsbetrieb auf dem Nachbargrundstück kommt nicht nur im Wege einer Nutzungsuntersagung gemäß § 84 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA in Betracht, sondern auch im Wege einer sonstigen Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 2 BauO LSA. Eine derartige Maßnahme kann die Behörde ermessensfehlerfrei selbst dann erlassen, wenn sie damit die Baurechtswidrigkeit eines Betriebes aus nachvollziehbaren und sachgerechten Gründen nur teilweise aufhebt, indem sie z.B. eine unter anderem aufgrund eines Nachbarrechtsverstoßes baurechtswidrige Nutzung lediglich insoweit einschränkt, als die Nachbarrechte betroffen sind. Der Anspruch des Nachbarn auf baubehördliches Einschreiten kann hierüber schon deshalb nicht hinausgehen, weil ihm dieser Anspruch nur insoweit zusteht, als er durch die rechtswidrige Nutzung gerade in den ihn als Nachbarn schützenden Rechten verletzt ist.
Ende der Entscheidung
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